Mit der Saison 2025 gilt im deutschen Triathlonsport ein überarbeitetes Regelwerk. An sich nicht ungewöhnlich, doch in diesem Jahr hat die Deutsche Triathlon Union (DTU) ihre Sportordnung doch in wesentlichen Punkten angepasst. Besonders im Fokus steht dabei die Neuregelung von aerodynamischen Aufbauten und Flaschenhalterungen am Fahrrad – ein Thema, das in den vergangenen Jahren immer wieder für Diskussionen sorgte. Ziel der Überarbeitung, laut DTU, ist es, mehr Klarheit, Einheitlichkeit und Fairness für alle Athletinnen und Athleten zu schaffen und gleichzeitig den Kampfrichterinnen und Kampfrichtern eine eindeutigere Grundlage für ihre Entscheidungen an die Hand zu geben.
Komplexer Prozess der Formulierung
Die wohl bedeutendste Neuerung betrifft die erlaubte Größe und Platzierung von Heckaufbauten am Rad. Ab sofort dürfen am hinteren Teil des Fahrrads – also hinter der Sattelstütze – Halterungen und Flaschensysteme maximal eine Fläche von 30 mal 30 Zentimetern einnehmen. Flaschen dürfen diesen Bereich zwar überragen, jedoch ist die Anzahl auf zwei begrenzt – mit einem maximalen Fassungsvermögen von jeweils einem Liter. Auch integrierte Systeme im Rahmen dürfen künftig nicht mehr als zwei Liter Flüssigkeit beinhalten und die vertikale Linie durch die Hinterachse nicht überschreiten.
Diese Änderungen wurden nicht willkürlich festgelegt, sondern resultieren aus Rückmeldungen der Wettkampfpraxis, Abstimmungen mit dem Weltverband World Triathlon sowie Gesprächen mit Herstellern aus der Fahrradindustrie. Der Wunsch nach Regeln, die sich am Sichtkontrollprinzip orientieren – also für Kampfrichterinnen und Kampfrichter im Rennen tatsächlich überprüfbar sind – war dabei laut DTU ein zentraler Treiber. Denn bisherige Richtlinien ließen in vielen Fällen zu viel Interpretationsspielraum, insbesondere wenn es um individuelle Umbauten, Spezialanfertigungen oder neue aerodynamische Systeme ging, die dank 3D-Drucker in den letzten Jahren immer häufiger wurden.
Kampfrichter wurden geschult
Doch die neuen Regelungen bringen auch Herausforderungen mit sich – vor allem in der Übergangszeit. Kampfrichter müssen sich mit neuen Maßvorgaben und technischen Details auseinandersetzen, die im laufenden Renneinsatz schnell und sicher bewertet werden sollen. Gleichzeitig stehen auch Athletinnen und Athleten in der Verantwortung, sich frühzeitig über die neuen Vorgaben zu informieren und ihr Material entsprechend anzupassen.
Für die Kampfrichterinnen und Kampfrichter im Bayerischen Triathlon-Verband e.V. ist diese Umstellung kein Neuland. Bereits in den letzten Wochen wurden sie geschult und auf die neuen Regelungen vorbereitet. In Schulungseinheiten wurden Fallbeispiele diskutiert, technische Vorgaben erläutert und die Konsequenzen für die praktische Umsetzung durchgespielt. Um ein genaueres Bild von den ersten Einschätzungen aus der Praxis zu erhalten, haben wir mit Oliver Schmidt gesprochen. Als Regelbeauftragter Nord im BTV begleitet er die Umsetzung der neuen Sportordnung hautnah und weiß, wo die größten Stolpersteine, aber auch die größten Chancen liegen.
Hallo Oliver,
Eigenkonstruktionen und Aufbauten waren in den letzten Jahren zunehmend heiß diskutiert und eine Regelung war notwendig. Wo siehst Du die größten Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung der neuen Vorgaben im Wettkampfalltag?
Dass sich etwas ändern muss, war spätestens nach den bereits emotional geführten Diskussionen beim ein oder anderen Check-In im letzten Jahr allen klar gewesen. Wie umfassend die Änderungen dann allerdings besonders im Rad-Material-Bereich werden würden, das war so nicht abzusehen gewesen.
Die größten Herausforderungen sehe ich aktuell beim Check-In auf Mittel- und Langdistanzen, weniger auf Sprint- oder Kurzdistanzen. Denn bei diesen Veranstaltungen kommen Räder mit den betroffenen Cockpits und Trinksystemen überwiegend zum Einsatz. Einerseits, weil ja tatsächlich viel Verpflegung transportiert werden muss, andererseits, weil hier aerodynamische Effekte, die zweifelsohne oft ein Mitgrund für die Aufbauten waren und sind, natürlich auch ins Gewicht fallen. Zu erwarten ist, dass Kontrollen beim Check-In in diesem Jahr wahrscheinlich etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen werden. Wir, als Kampfrichterinnen und Kampfrichter haben uns jedoch versucht bestmöglich darauf vorzubereiten und hoffen, dass es die Sportlerinnen und Sportler ebenso tun!

Regelbeauftragter Nord, Oliver Schmidt
Wie hast Du die neuen Regelungen in den Schulungen an Deine Kolleginnen und Kollegen vermittelt, und welche Rückmeldungen hast Du aus dem Kampfrichter-Team bekommen?
Auch unter uns waren die Anpassungen des Regelwerks ein in Teilen sehr heftig diskutiertes Thema. Viele sind selbst Sportler und können nachvollziehen, wie schwierig eine erneute Anpassung des Setups ist. Auch ist es uns wichtig, mit und für die Sportlerinnen und Sportler zu arbeiten. Beim Check-In dann einen Aufbau abzulehnen ist auch für uns nicht immer leicht.
Auf jeden Fall aber haben wir viel Zeit investiert, um die Regeln möglichst eindeutig und durchgängig umsetzen zu können. Ich habe nach beiden durch die DTU veröffentlichten Versionen der Sportordnung Schulungen durchgeführt – es gab ja doch erst recht spät eine weitere Änderung im Bereich der Lenker. Meine Schulungsunterlagen mussten also noch einmal angepasst und die bereits geschulten Kampfrichter über die neue Regel nochmals unterrichtet werden. Rückmeldungen sind bisher noch keine eingetroffen, da es bisher in Bayern nur Veranstaltungen gab, wo wenig Aufbauten notwendig waren.
Gab es bereits erste Erfahrungen oder Rückmeldungen von Athletinnen und Athleten zu den Änderungen?
Ich habe bisher nur im Internet und auf verschiedenen weiteren Kanälen Diskussionen verfolgt. Dabei geht es zum Beispiel über Orginal-Anbauteile, die Hersteller noch anbieten, die aber nach dem aktuell gültigen Regelwerk nicht genutzt werden dürfte. Das ist natürlich schwierig und verwirrend für alle.
Ich bin mir recht sicher, dass es in diesem Jahr nochmals Anpassungen der Sportordnung geben wird. Ob das gut sein wird, weiß ich nicht.
Worauf werden Du und Deine Kollegen beim Check-In besonders achten?
Ersteinmal wird der Check-In wie gewohnt ablaufen und die gewohnten Dinge werden kontrolliert werden, wie z.B., ob die Startnummer am Rad befestigt und die Rohrenden am Lenker (wenn Vorhanden) geschlossen sind. Dann wird der Fokus schon auf den Neuerungen liegen: wie und wo sind Radflaschen am Lenker und am Heck angebracht und passen diese in den vorgegebenen Rahmen? Alles, was auf dem Oberrohr befestigt werden darf, ist, glaube ich, sehr schnell überprüft.
Ich bin ehrlich: Was mir aktuell noch fehlt, ist eine einheitliche Richtlinie mit welchen Hilfsmitteln wir diese Maße überprüfen sollen. Dazu hätte ich mir eine Vorgabe gewünscht. Wenn man eine Vorgabe macht, sollten auch die Kampfrichter das entsprechende „Werkzeug“ dafür bekommen, mit denen sie diese zweifelsfrei umsetzen können. Das wäre im Interesse aller.
Beim Challenge Roth, das wurde nun bekannt, werden Ausnahmen gelten. Wie sehen diese aus und warum waren sie notwendig?
Das stimmt so nicht: Bei der Challenge gibt es keine Ausnahme. Der Bayerische Triathlon-Verband hat keine Ausnahmegenehmigung erteilt, da auch kein Ausnahmeantrag eingegangen ist. Das TeamChallenge hat seine Durchführungsbestimmungen angepasst. Im speziellen geht es dabei um die „Heckregel“ und um Toolboxes, welche vom Hersteller des Rades als Originalzubehör angeboten werden (als Beispiel BMC). Wenn sie fester Bestandteil des Rahmens sind ooder an- bzw. abmontiert ist, findet die Regel beim Challenge Roth keine Anwendung.
Hintergrund ist, dass kleine Farradrahmen mit diesen Toolboxen und ihrem Getränkehaltern in die von der DTU vorgegebenden Dimensionen von 30×30 cm reinpassen, Fahrräder mit größeren Rahmen müssten aber ihre Toolbox abbauen.
Es ist aber sowieso zu erwarten, dass sich die Sportordnung in diesem Bereich noch einmal ändern wird.
Vielen Dank!
Foto: Gerhard Müller