Challenge Roth: Ein Rennen, viele Facetten

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Es ist das Rennen der Superlative. In jedem Jahr, in diesem Jahr wohl besonders. Gleich zwei Weltrekorde wurden aufgestellt, durch die Schweizerin Daniela Ryf nach 8:08:21 Stunden und den Dänen Magnus Ditlev nach 7:24:40 Stunden. Klar, dass diese Rekord-Leistungen im Fokus stehen. Und doch gibt es so viele Facetten mehr, die ebenso faszinierend sind. Wir haben uns mit Personen unterhalten, die an dem geschichtsträchtigen Sonntag dabei waren. Als Orga-Mitglied, als Kampfrichterin, als Starter, als Helfer.

Im Portrait:

  • Konrad Puk, Starter
  • Andrea Raithel, Orga-Team
  • Sabine Jahn, Kampfrichterin
  • Joeline Büttner, Heferin
  • Johannes Welzenbach, Rückholdienst
  • Petra Amann-Lutz, Athleten-Supporterin
  • Thomas Bätz, Zuschauer

Konrad Puk

Konrad Puk mit Pokal im Arm

ist einer der über 3500 Startenden im Feld des Challenge Roth. Wie wohl die Meisten im Feld, investiert er viel persönlichen Einsatz, Zeit und Geld in den Sport. Was ihn auszeichnet: Er ist mit fast 75 Jahren einer der Ältesten im Rennen. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, immer wieder an am Challenge in Roth teilzunehmen. Unterwegs merken die, die auf ihn treffen, wie viel Freude er an dem Wettkampf hat. Ein kurzes, positives Gespräch an der Versorgungsstation, ein paar motivierende Worte zu Mitstreitern. Der Holzkirchener schafft es, anderen noch Energie und Mut mit auf die verbleibenden Kilometer zu geben. Am Ende ist er deutlich schneller als im Vorjahr, auch, wenn der Lauf zu Beginn zäh war. Er gewinnt seine Altersklasse und steht am Morgen darauf in der Schlange für die Anmeldung 2024.

Hallo Konrad, warum bist du mit dabei und was motiviert Dich?

Ich bin dabei, weil es mir Freude bereitet, weil ich den Sport mit seiner Abwechslung so liebe, weil es mich herausfordert, weil der Challenge Roth so top ist. Letzteres bezieht sich auf die Stimmung, die Bereitschaft, die Solidarität, die Organisation und den freiwilligen Helfergeist. Da fließt sehr viel Herzblut und Wärme. Last not least: Ich will mich lange gesund halten und mit jüngeren Menschen zusammen etwas erleben.

Was war die größte Herausforderung an dem Tag?

Die Konzentration mit Lockerheit und Freude aufrecht zu erhalten, um in einen Flow zu kommen und, um mit den Zuschauern und Sportler*innen durch Mimik Freude zu kommunizieren. Und nichts zu vergessen. Das gelang mir leider nur teilweise.

Was war Dein besonderster Moment?

Vor dem Schwimmstart: What a peaceful atmosphere. Das sagte Sister Madonna Buder beim Challenge Roth 2014 und ich empfand das genau so.

In der ersten Wechselzone: Es ist noch alles heil und jetzt kann es richtig losgehen.

Insgesamt: Die Begegnungen mit Menschen im Wettbewerb.

Portrait von Andrea Raithel

Andrea Raithel

gehört schon seit Jahren zum Orga-Team des Challenge Roth und ist dort fast das gesamte Jahr im Einsatz. In der Rennwoche herrscht dann Ausnahmezustand – das Sahnehäubchen einer aufreibenden Vorbereitung.

Hallo Andrea, wann, wie lange und wo warst Du im Einsatz?

Die Arbeit für den Challenge geht für mich immer ungefähr im Januar mit unserer ersten Wettkampfleiter-Sitzung. Da schaue ich mir an, was es für Veränderungen zum Vorjahr gibt, stimme mich mit dem Technischen Delegierten und dem Einsatzleiter ab. In der Rennwoche bin ich dann die ersten Tage als „Mädchen für alles“ im Einsatz. Aufbau der Pressekonferenz, Ansprechpartnerin für die Elite Athlet*innen und einfach mit anpacken, wo noch was zu tun ist. Am Freitag steht dann das Briefing für die Profis – zusammen mit den Kampfrichter*innen – auf dem ProgrammAm Samstag dann die verschiedenen Wettkampfbesprechungen für alle Agegrouper. Am Sonntag darf ich dann meistens einen VIP-Bus mit Moderation begleiten und ab dem zweiten Wechsel arbeite ich dem Sprecher- und Regie-Team im Stadion zu. 

Warum bist du mit dabei und was motiviert Dich?


Es macht einfach unglaublich Spaß, wenn man sieht, was ein gutes, eingespieltes, freundliches Team gemeinsam erreichen kann. Wir dürfen jedes Jahr die Träume von Tausenden Athlet*innen erfüllen. Das macht schon stolz. Gerade in Zeiten, in denen man meint, dass es mit der Welt nur noch bergab gehen würde, ist diese positive Stimmung rund um den Challenge einfach wahnsinnig schön. Es ist natürlich anstrengend, aber es gibt so viel Energie und Positivität zurück.

Was sind die größten Herausforderungen im Rahmen der Orga?

Zum Glück sind bei uns alle Zahnrädchen so gut geölt und über Jahre bzw. Jahrzehnte aufeinander abgestimmt, dass die meistens Dinge eben einfach funktionieren. Ich habe vor 17 Jahren mein erstes Praktikum beim Team Challenge im Büro gemacht und seitdem lerne ich trotzdem jedes Jahr eine neue Facette kennen, die eben einfach funktioniert. Über die man sich gar keine Gedanken machen muss, weil irgendjemand sich diese Gedanken schon gemacht hat und sich einfach kümmert. Trotzdem ist es natürlich eine wahnsinnige Herausforderung mit so vielen verschiedenen Playern zusammenzuarbeiten. Wir wollen immer das sicherste und fairste Rennen, das wir irgendwie hinbekommen können.

Was war Dein besonderster Moment?

Dieses Jahr war ich abends, so 30 Minuten vor Zielschluss, nochmal auf der Laufstrecke draußen und habe einige Athlet*innen angefeuert. Einer war dann schon ein paar Meter an mir vorbeigelaufen, ist noch mal stehen geblieben, hat sich umgedreht und gesagt: „Ich habe es heute nur wegen dir geschafft! Ich denk seit KM 15 daran was du gestern im Briefing zu mir gesagt hast.“ Ich muss wohl etwas fragend geschaut haben, dann hat er erklärt: „Ich hatte eine Frage wegen den Cut-Off Zeiten und du hast gesagt ‚Das ist gar nicht so wichtig für dich. Mach dir keine Gedanken, du schaust doch fit aus. Glaub an dich und dein Training, dann schaffst du es locker vor dem Cut-Off.‘ Daran musste ich die ganze Zeit denken.“ Solche Momente sind für mich jedes Jahr wahnsinnig besonders. Zu sehen was den Athlet*innen unsere Arbeit bedeutet.


Sabine Jahn

Über 60 Kampfrichter*innen sind am Challenge-Wochenende für einen geregelten Ablauf, sichere Rennumstände, Fairness und zahreiche weitere Aufgaben im Einsatz. Sabine Jahn ist eine von ihnen. Sie ist selbst Triathletin und bei zahlreichen Rennen am Start. Als Kampfrichterin war sie in diesem Jahr schon zum fünften Mal im Einsatz – mit vollem Einsatz.

Hallo Sabine, wann, wie lange und wo warst Du im Einsatz?

Mein Einsatz begann am Samstagnachmittag um 16.00 Uhr mit der Einsatzbesprechung. Am Sonntag war ich ab 5.15 Uhr in der Wechselzone und am Aufstiegsbalken bis ca. 11.00 Uhr, ab dann war ich mit meinem MTB auf der Laufstrecke bis ca. 15.30 Uhr. Um 16.00 Uhr war Abschlussbesprechung. Um ca. 17.30 waren wir fertig.

Warum bist du mit dabei und was motiviert Dich?

Ich bin selbst Triathletin und liebe diesen Sport. Ich kann mit meiner Kampfrichter-Tätigkeit dem Sport „dienen“. Ich schütze die fairen Athleten vor den Unfairen und ich schütze vor allem die Sicherheit der Athleten. Ich bin im Wettkampf mittendrin und nah an den Athleten dran. Vor dem Wettkampf bombardieren dich, meist die Rookies, mit Fragen und in dem Moment bist du eher Helfer als Kampfrichter, aber damit gibst du den Athleten Sicherheit.

Was war Dein besonderster Moment?

Schön sind die Momente, wenn sich Athleten nach dem Wettkampf für deinen Einsatz bedanken. Besonders war: Am Sonntag auf der Laufstrecke hat sich ein Athlet für mein Fingerspitzengefühl bedankt.


Joeline Büttner

ist Triathletin aus Roth, schon seit sie ein Kind ist. Ebenso wie der Sport selbst ist sie mit dem Helfereinsatz beim Challenge groß geworden. Sie ist eine von 7.500 Freiwilligen an diesem Tag. Viele kommen aus der Umgebung, viele kommen aber auch von anderswo und finden den Einsatz bei dem Event toll, nehmen sich Zeit und geben ihre Energie in den kräftezährenden Job.

Hallo Joeline, wann, wie lange und wo warst Du im Einsatz?

Ich war gemeinsam mit meinem Freund an der Rother Lände im Einsatz. Dort ist bei Kilometer 12 eine Versorgungsstation. Ab 15.00 Uhr haben wir geholfen wobei viele schon ab 11.00 Uhr dabei waren. Wir hatten so die Chance, vorher noch den Zieleinlauf der Profis anzuschauen und unsere Bekannten an der Strecke zu verfolgen. Dafür waren wir aber bis zum Ende im Einsatz und haben auch beim Abbau geholfen.

Ich helfe schon seit Kindesbeinen. Damals war ich mit einer Freundin in der Wechselzone zwei. Sie kannte den Orga-Chef. Seitdem helfe ich immer und denke gar nicht darüber nach – das ist für mich einfach selbstverständlich!

Warum bist du mit dabei und was motiviert Dich?

Wir haben Wasser verteilt, das bei der Hitze natürlich gut wegging. Es ist einfach immer schön zu helfen! Der Kontakt zu den Athlet*innen ist so positiv. Wenn man ihnen dann noch ein motivierendes ‘Auf geht’s!’, oder so, mitgibt, kommt da sehr viel zurück. Viele bedanken sich dann, vor allem, wenn die Rennzeit schon fortgeschritten ist und es nicht mehr so ambitioniert zugeht. Man merkt die Dankbarkeit – das ist schön.

Was war Dein besonderster Moment?

Schon sehr zum Ende, der Cut-Off nahte, kam ein Kampfrichter, der sagte uns, dass noch zwei Athleten kämen und wir diese doch noch einmal richtig motivieren sollten. Wir haben sie dann angefeuert, damit sie vor dem Cut Off noch durchkommen und nicht aus dem Rennen genommen werden. Den Athleten in dieser Situation zu sagen, ‘Ihr schafft das!’, ist Wahnsinn: Mitzuerleben, wie sie darum kämpfen, um ihren Traum zu verwirklichen – wirklich cool. Ich habe einen riesigen Respekt vor der Leistung, die sie bringen!

Wenn ich später bei der Finishline Party im Stadion bin, und jemanden sehe, den wir motiviert haben, dann ist das unglaublich berührend!


Johannes Welzenbach

Hallo Johannes, wann, wie lange und wo warst Du im Einsatz?

Ich war am Sonntag von ca 8:00 Uhr – 18:00 Uhr, auf der südlichen Radstrecke, als Rückholdienst im Einsatz.

Warum bist du mit dabei und was motiviert Dich?

Das erste Mal war ich als Beifahrer mit dabei, vor ca 25 Jahren. Ich finde, dass so eine Veranstaltung ein tolles Aushängeschild für unsere Region ist. Da ich selbst sehr sportbegeistert bin, und die positive Stimmung während des Wettkampfs einfach der Wahnsinn ist, finde ich, dass man da einfach helfen muss.

Was war Dein besonderster Moment?

Einen besonders herausragenden Moment gibt es irgendwie nicht, aber ich finde es immer wieder schön, wie dankbar und freundlich die Athleten sind. Und das, obwohl unser Job ja negativ behaftet ist, da er das Ausscheiden aus dem Rennen bedeutet.

Der BR hat Johannes und sein Team begleitet. Link zum Video in der BR-Mediathek.


Marco Lutz und Petra Amann-Lutz

Petra Amann-Lutz

Hallo Petra, wann, wie lange und wo warst Du im “Einsatz”?

Ich bin um 4 Uhr früh aufgestanden, bin um 5 Uhr zum Schwimmstart gefahren und bin um ca. 20:30 Challenge-Gelände gewesen. Um 22 Uhr habe ich zusammen mit meinem Mann Marco das Rad abgeholt. Zu Hause waren wir gegen 23:30 Uhr. Ich war am Schwimmstart, in Hilpoltstein nach dem Solarer Berg, am Acuna-Berg in Roth und im Ziel. Und habe ansonsten alles auf der App oder über den Air Tag verfolgt.

Warum bist du mit dabei und was motiviert Dich?

Warum ich dabei war? Weil ich bescheuert bin ????, weil ich meinen Mann liebe und ich ihm diesen Wunsch mit-erfüllen wollte. Ich wollte bei diesem besonderen Moment für ihn dabei sein und ihn mit ihm teilen. Ich wollte ihm zur Seite stehen und ihn unterstützen, wenn es schwer werden sollte und wollte das Glücksgefühl – wenn es kommt – mit ihm erleben. Motiviert hat mich, dass ich dabei sein muss um zu wissen, dass es ihm gut geht, er gesund ist, keinen Unfall oder Verhetzung hat und ich weiß, dass alles in Ordnung ist. Und dass er weiß, dass ich für ihn da bin und er nicht alleine ist. Dass er stolz auf sich sein kann. Das gilt übrigens auch für unseren Sohn Tom. Ihn haben wir auf der Laufstrecke immer angerufen, wann er kommen soll, da er sich auf seine Mathe Abschlussprüfung am nächsten Tag vorbereiten musste.

Was war Dein besonderster Moment?

Der Start, die Schwimm-Angst, Sorgen, Emotionen. Das Glücksgefühl, dass das Training endlich vorbei ist und der Tag endlich da ist. Das Ziel, in das Marco es gesund und wohlbehalten geschafft hat. Und jetzt ist die Angst da, dass er die ganze Scheiße mal wieder machen möchte 😉

Furchtbar war der Moment, in dem Marcos Tracking hängen blieb – beim Laufen bei 15,5 km. Ich wusste, dass es ihm übel ist und er sich nicht gut fühlt. Und als nichts mehr weiterging hatte ich Angst, dass er vielleicht aufgegeben hat. Mir ging es nicht darum, dass er es nicht schafft. Sondern um Marco – dass er sein Ziel und seinen Wunsch erfüllen kann, ins Ziel zu kommen. Am Ende war das glücklicherweise ein technisches Problem und er hat es durchgezogen.


Thomas Bätz

Thomas Bätz feuert an beim Challenge Roth

Hallo Thomas, wann, wie lange und wo warst Du im “Einsatz”?

Als begeisterter Triathlet und früherer Challenge-Teilnehmer war es für mich völlig klar, den Start des Profi-Feldes als auch den der Amateure live und hautnah zu verfolgen. Deshalb bin ich am Samstag schon angereist und stand pünktlich am Sonntagmorgen um 06:00 Uhr mit Gänsehaut am Schwimmstart. Im Verlauf des Tages habe ich verschiedene markante Orte an der Rad- und Laufstrecke angesteuert, um meine teilnehmenden Freunde und so viel wie möglich Starter anzufeuern. Dabei waren natürlich der Solarer Berg, die Lände als auch der Wendepunkt bei Kilometer 18.

Warum bist du mit dabei und was motiviert Dich?

Die Atmosphäre in Roth am gesamten Challenge-Wochenende ist einfach einmalig. Die ganz Stadt strahlt eine Weltoffenheit und Freundlichkeit aus, die ihresgleichen sucht. Jeder Helfer, Gastwirt oder Aussteller ist positiv gestimmt. Die Wettkampfbedingungen sind optimal und natürlich zieht der familiäre Charme magisch an. Zudem ist man ganz nah an den Athleten dran und bekommt das Gefühl, ein Teil der Veranstaltung zu sein.

Was war Dein besonderster Moment?

Der Schwimmstart am Morgen ist definitiv besonders für mich. Man kann die Anspannung der Athleten und die Aufregung der Angehörigen am Kanal bzw. auf der Brücke quasi fühlen. Und wenn der erste Kanonendonner als Startschuß der Profis über das Wasser zieht, bleibt einem fast der Atem stehen.

Fotos: private Aufnahmen der Interviewten; Christoph Raithel