Am 7. Juli 2024 hat sich Anne Haug erneut – ganz ohne großem Aufhebens vorweg – in die Triathlon-Geschichtsbücher eingetragen. Mit einer Zeit von 8:02:38 Stunden unterbot sie die bestehende Weltbestzeit der Schweizerin Daniela Ryf um fast sechs Minuten. Die geborene Bayreutherin ist nicht erst damit eine der erfolgreichsten Triathletinnen und eine herausragende Persönlichkeit im internationalen Ausdauersport.
Aus einer sportlichen Familie kommend, kam Anne Haug mit vielen verschiedenen Sportarten in Kontakt. Zum Triathlon fand sie allerdings erst spät: Erst im Studium lernte sie das Kraulschwimmen. Durch einen Freund, der Triathlon machte, ließ sie sich zum Triathlon motivieren.
Ganz leicht war das allerdings nicht. „Das Schwimmen war gar nicht meins“, gab sie einmal in einem Interview zu. Doch schon da zeigte sich: Anne Haug kämpft sich mit Hartnäckigkeit, Fokus und viel Willenskraft durch. Zunächst war es ihr Ziel, in der Deutschen Triathlon Bundesliga zu starten. Bald schon war diese erste Wegmarke erreicht. Schritt für Schritt kämpfte sie sich in die Elite, hatte als Späteinsteigerin, die nicht aus einem Nachwuchs-Fördersystem entwuchs, zahlreiche Hürden zu überwinden.
Ihr Ziel, Olympia, verfolgte sie dennoch mit größtem Fokus. 2012 qualifizierte sie sich dann für die Olympischen Spiele in London, wo sie als beste Deutsche den elften Platz belegte. Darüber hinaus konnte sie einen Vize-Weltmeister-Titel auf der Kurzdistanz feiern. Vier weitere Jahre feierte sie Erfolge, hatte aber auch Durststrecken zu überwinden, bevor sie 2016 erneut bei Olympia starten konnte.
Nach Jahren auf der Kurzdistanz wagte Anne Haug danach den Wechsel zur Langdistanz – ein Schritt, der sich als überaus erfolgreich herausstellte. Ihr bis dahin größter Erfolg war der Sieg bei der Ironman-Weltmeisterschaft 2019 in Kailua-Kona, Hawaii. Mit ihrer starken Laufleistung setzte sie sich gegen die Weltklasse-Konkurrenz durch und schrieb als erste deutsche Weltmeisterin auf Hawaii Triathlon-Geschichte. 2023 erreichte sie einen Vize-Weltmeister-Titel und legte eine neue Rekordzeit für die anspruchsvolle Marathondistanz entlang des Highways fest. 2024 setzte sie mit der Verbesserung der Weltbestzeit einen weiteren Karriere-Meilenstein.
Hallo Anne,
du bist bekannt für deine akribische Vorbereitung und dein unermüdliches Streben nach Perfektion. Du arbeitest eng mit Experten in den Bereichen Ernährung, Physiotherapie und Trainingswissenschaft zusammen. Was sind rückblickend Schlüssel-Erkenntnisse, die für deine Entwicklung wichtig waren?
Ich denke, dass ich großes Glück hatte, immer zum richtigen Moment, die richtigen Menschen kennengelernt zu haben. Triathlon ist zwar eine Einzelsportart, aber ohne ein professionelles Team um dich herum, wird es nicht funktionieren. Ein Team, dass in guten, wie in schlechten Zeiten zusammenhält, gemeinsam nach Perfektion strebt und jeder sich in seiner Rolle gewertschätzt fühlt. Solche Menschen zu finden, ist ein Privileg und hat mich zu der Athletin gemacht, die ich heute bin.
Neben deiner sportlichen Karriere engagierst du dich auch als „Bayerische Botschafterin des Sports“. Was ist dir wichtig, in der Vermittlung an Sportler und Nicht-Sportler?
Ich denke, dass Sport die Fähigkeit besitzt, Menschen zusammenzubringen, Grenzen zu überwinden, positive Werte zu vermitteln und sich einfach gut in seiner Haut zu fühlen. Der Sport hat mir in meinem Leben so viel gegeben und ich freue mich darauf, das mit anderen zu teilen.
Im Sport macht man zahlreiche Erinnerungen. Glorreiche Tage, manchmal aber auch ganz kleine und vermeintlich unscheinbare Momente. Was ist deine liebste Erinnerung?
In 20 Jahren Leistungssport schafft man sehr viele unvergessliche Momente und Erinnerungen. Sicherlich waren die zwei Teilnahmen an den Olympischen Spielen, der Sieg in Hawaii und die Weltbestzeit in Roth Meilensteine in meiner Karriere.
Aber auch die kleinen Siege, wie der Moment als ich das erste Mal die 10 km unter 40 Minuten gelaufen bin, werde ich nie vergessen. Das hat mir die Kraft und den Glauben gegeben, dass Grenzen nur im Kopf existieren.
Vielen Dank!
Der Beitrag erschien im Rahmen der Serie „40 Jahre Triathlon in Bayern“. Alle Beiträge finden Sie hier.
Fotos: Frank Übelhack – Management Anne Haug