Manuel Debus: Triathlon von der Pike auf gelernt

Trainingstagebücher sind heute ein essenzieller Bestandteil für viele Ausdauersportler. Einen Überblick behalten, den Fortschritt verfolgen – das motiviert. Wer hätte gedacht, dass es Trainingstagebücher schon 1984 gab?
Manuel Debus schrieb Triathlon. Mehr als eine Herausforderung“, ein Leitfaden auf über 200 Seiten über „Ernährung – Training – Wettkampf für Anfänger und Spitzentriathleten“. Fast gleichzeitig  erschien „das „Triathlon-Logbuch“. Der Untertitel lautete „Zur schnellen Erfassung, Kontrolle und Auswertung der Trainings- und Ernährungsdaten, des Pulsschlages und des Gewichtes. 53-Wochen-Übersicht für alle Ausdauersportler.“ Rund 40.000 Mal verkaufte sich das Logbuch. Nicht nur an Triathleten, auch an zahlreiche andere Ausdauersportler, die begeistert Rückmeldung gaben.
Der Autor, Manuel Debus, ist der deutsche Triathlon-Pionier. Er und Detlef Kühnel waren die ersten Deutschen, die 1982 beim Ironman Hawaii starteten und damit das Triathlon-Fieber mitbrachten.

Hawaii Start mit Hindernissen

Beide, Manuel Debus und Detlef Kühnel, waren zunächst eigentlich im Reitsport aktiv. Manuel Debus‘ Bruder lebte in Amerika. Er war es, der ihn auf ein besonderes Rennen aufmerksam machte. Interessiert verfolgte Debus daraufhin einen deutschen Fernsehbeitrag und beschloss: „Da möchte ich dabei sein!“. Zunächst überzeugte er seinen Sportkameraden Detlef Kühnel mitzukommen. Dann klemmte sich der Nürnberger hinter die Organisation des Starts und stellte fest, dass es gar nicht so einfach war. „Die Amis waren nicht an ausländischen Startern interessiert, die wollten uns keine Startplätze geben!“, berichtet er. Doch er blieb hartnäckig und rief mehrmals bei Organisatorin Valery Silk an. Erst nach einigem Drängen erhielt er zwei Anmeldeformulare.
Es sollte nicht sein letztes Rennen gewesen sein. Insgesamt fünfmal war er auf der Pazifikinsel am Start.

Debus gehörte auch zu den Visionären, die den Triathlonsport in Deutschland in organisierte Strukturen brachten. „Damals kannte Triathlon niemand“, berichtet er. Während der Organisation seiner ersten Hawaii-Reise wollte ihm Manfred Steffnym Chefredakteur des SpiridonLaufmagazins gar einen Startplatz zum Honolulu-Marathon verkaufen, da es in dessen Augen auf Hawaii kein anderes großes Sportevent gab. Egal, wo Manuel Debus vorstellig wurde, er wurde schräg angeschaut. „Niemand kann solche Distanzen in drei Disziplinen am Stück leisten“, war die gängige Meinung, nicht nur in der breiten Bevölkerung, sondern auch in der Sportwelt.

Herantasten an das Unbekannte

Läufer

Die Autogrammkarte von Manuel Debus

Was tun, wenn noch keine Blaupause vorhanden ist? – „Die Informations-Löcher musste ich dann selbst füllen“, erzählt Debus. „Ich wusste nicht, wie ich an die Sache herangehen sollte. Ich habe mich also herangetastet. Zum Beispiel haben Detlef und ich in der Sauna trainiert, um die klimatischen Bedingungen zu simulieren. Das Schwimmen – übrigens im Brust-Stil – haben wir versucht im Kanal zu simulieren. Als wir auf Hawaii ankamen, stellte sich heraus, dass die klimatischen Bedingungen ganz anders waren, als wir es uns vorgestellt hatten. Nach meiner ersten Radausfahrt habe ich ersteinmal einen zweiten Flaschenhalter gekauft. Wir waren nie vorher mit zwei Flaschenhaltern unterwegs!“, schüttelt der Pionier noch heute den Kopf.
„Glücklicherweise hat uns unser Nachbar in Kona, Herb Heinz, ein deutschstämmiger Triathlon-Routinier, an die Hand genommen und uns die wichtigsten Tipps mit in Training und Wettkampf gegeben. Wir sind dann damals auch gemeinsam über die Ziellinie gelaufen – das sind schon Momente, die man nie vergisst.“

Triathlon von der Pike auf lernen

Während heute das Rennen mit tausenden von Startenden eine gewissen Anonymität hat, war das in den Anfängen anders, berichtet Manuel Debus: „Die Kameradschaft war noch sehr viel enger. Nach einem Rennen kannte schließlich jeder jeden. Ob das Dave Scott war oder auch Dean Harper. 1983 habe ich fast alle Rennen in Amerika gemacht, ich suchte vor allem Dave Scotts Freundschaft und Gesellschaft, weil ich von den Besten lernen wollte. Ich wollte von der Pike auf wissen, wie der Sport funktioniert. Die Basis vieler heutiger Trainingspläne entstand damals. Ich habe all das ausprobiert und zusammengetragen.“

Nicht nur als aktiver Sportler, auch als Trainer brachte Manuel Debus später Menschen zum Triathlon. Heute führt er eine ganzheitliche Praxis für Physiotherapie und weitere Therapie-Konzepte in Nürnberg. Ein Unfall hatte den gelernten Betriebswirt zu einem Berufswechsel gebracht.

Hallo Herr Debus,
als Sportler nimmt man regelmäßig Physiotherapie oder weitere Therapie-Konzepte in Anspruch. Im Idealfall vorbeugend, häufiger aber, weil es Probleme zu beheben gilt. Sind Sie in ihrem Arbeitsalltag heute mit vielen Sportlern in Kontakt? Wie viel profitieren Sie von ihren langjährigen Erfahrungen?

Natürlich! Ich arbeite heute mit Sportlern aller Couleur. In unserer Praxis helfen wir vor allem Menschen, die sonst als austherapiert gelten. Mir kommt dabei meine langjährige Erfahrung als Athlet sehr zugute. Auch unter der Hinsicht, dass ich sage: „Aufgeben gibt’s nicht!“ und „Ein bisschen etwas geht immer!“

Schon in den 80er Jahren beschäftigten Sie sich mit Trainingslehre und der Physiologie von Sportlern. Wie blicken Sie mit ihrem Wissen heute auf diese Zeit zurück?

Natürlich hat sich das Thema enorm gewandelt. Ich kann mich noch daran erinnern, als die ersten Pulsmesser aufkamen. Das war schon revolutionär.
Trotzdem ist mein Ansinnen heute noch: Jeder Athlet muss lernen auf seinen Körper zu hören. Jedes technische Instrument ist nur ein Hilfsmittel. Ohne Körpergefühl geht nichts. Das kennenzulernen, schafft man nur, wenn man in Training auch einmal an Grenzen geht.

Vor 40 Jahren waren Sie an der ersten Triathlon-Verbandsgründung beteiligt.  Wie kam die Idee zustande?

Ich habe damals den Deutschen Triathlon Verband gegründet. Zustande kam die Idee nach meiner Hawaii Teilnahme. Der Hintergrund war folgender: Wenn ich irgendwo trainieren wollte, wurde ich immer gefragt, ob ich in einem Verein sei. In Schwimmbädern oder auf Aschebahnen wurde ich aufgrund des fehlenden Vereins- oder Verbandshintergrundes dann jedoch immer abgewiesen. Ich kam einfach nicht in Trainingsstätten! Dabei trainierte ich doch für eine Weltmeisterschaft und wollte Nürnberg dort vertreten! Ich beschloss also einen Verband zu gründen, um auch anderen Triathleten in Deutschland den Zugang zu Trainingsstätten zu ermöglichen. Ich dachte mir, ich bin ja schließlich nicht der Einzige mit dieser Schwierigkeit.

Sportler, die heute nach Hawaii reisen, sind akribisch vorbereitet, haben bestes Material im Gepäck und wissen genauestens, worauf sie sich einlassen. Wie war das 1982?

Ich hoffe, jeder weiß, worauf er sich einlässt (lacht). Zumindest kommt man heute viel besser an die Informationen als damals. Mein Material war ein ganz normales Rennrad. Ich war dann vor Ort allerdings schockiert, mit welchen Rädern die Amerikaner unterwegs waren. Sie fuhren mit riesen „Panzern“ durch die Gegend.
Ich kann mich auch erinnern, dass ich vor meiner Abreise einen mehrfachen Weltmeister im Radsport gefragt habe, was ich im Rennen anziehen solle. Er legte mir ein Wolltrikot nahe und ich fuhr tatsächlich im ersten Jahr mit einem wollenen Trikot!

Eine weitere Erinnerung: 1985 kam dann der Scott Aero-Lenker auf, was die Aerodynamik vollkommen revolutionierte. Plötzlich nahmen mir Sportler, die sonst hinter mir waren, 20 Minuten ab. Leider kam man an diese Lenker in Europa nicht heran. Ich habe dann German Altenried ein paar der Teile mitgebracht. Dadurch, dass er ein Sportgeschäft mit Scott Ski-Material hatte, konnte der Lenker dann dort erstmalig verkauft werden.

Vielen Dank!

Der Beitrag erschien im Rahmen der Serie „40 Jahre Triathlon in Bayern“. Alle Beiträge finden Sie hier.

Foto: Manuel Debus