Interview mit Maximilian Schwarzhuber: Der Parasportler hat große Ziele

Am 11. Oktober finishte Maximilian Schwarzhuber den München Marathon. Für einen Großteil der über 4.200 Läufer dürfte der Marathonlauf im übertragenen Sinne ein Hürdenlauf aus Herausforderungen im Vorfeld und im Rennen selbst sein. Der 26-jährige musste aber besonders viele und sicherlich auch besonders hohe Hürden meistern. Denn vor gerade einmal zwei Jahren lief er seinen ersten Zehn-Kilometer-Lauf als Parasportler. Heute macht er Triathlon, genießt den Sport und berichtet bei Vorträgen und Seminaren seine außergewöhnliche Geschichte.

Dieser Weg begann für ihn schon im Alter von zwei Jahren. Nach einem Mittagsschlaf wachte er mit gelähmten Füßen auf. Es folgte eine lange und aufwändige Suche nach Ursachen und Genesungsmöglichkeiten – erfolglos. 2017 entschloss sich der Wolnzacher dann dazu, sich beide Unterschenkel amputieren zu lassen. Der 14. Februar ist für ihn seither ein ganz besonderes Datum. Seitdem nämlich, kann er sich unter anderem begeistert dem Sport widmen. Schon während der Reha hatte er begonnen zu laufen. Ohne spezielle Prothesen kämpfte er sich über die ersten Kilometer und nur wenige Monate später lief er besagten Zehn-Kilometer-Lauf.
Die neu gewonnene Freiheit lotet er mittlerweile in vollen Zügen aus: Radtouren über die Alpen gehören ebenso zu den selbstgesetzten Zielen, wie ein Triathlon.

Wir haben uns mit ihm unterhalten.

Hallo Maximilian,

kurz vor dem Startschuss in das neue Jahr hat ein ehrgeiziger Mensch wie du bestimmt schon die neuen Ziele definiert. Verrätst du uns diese?

Worauf ihr euch aber sowas von verlassen könnt (lacht). Natürlich teile ich euch meine Ziele sehr gerne mit. Ich finde es wichtig, über seine gesetzten Ziele zu sprechen. Dann steigt der Druck, diese auch wirklich zu erreichen. Ich plane am Berlin Halbmarathon, am Triathlon Ingolstadt, am Beilngries Triathlon über die Olympische Distanz und am Berlin Marathon teilzunehmen. Außerdem stehen eine Alpenüberquerung mit dem Rennrad von München nach Venedig in 24 Stunden und das Durchschwimmen des Chiemsees über zehn Kilometer an. Ausserdem möchte ich 2020 mein Buch fertig schreiben und als Redner vor insgesamt 25.000 Menschen sprechen. Es gibt also ordentlich etwas zu tun.

Als Kind und als Jugendlicher konntest Du aufgrund der Lähmungen keinen Sport machen. Rollstuhl und Krücken gehörten zu deinem Alltag. Was bedeutet es heute für Dich, Dich schmerzfrei und uneingeschränkt bewegen zu können?

Das Gefühl kann ich nur mit tiefer Dankbarkeit beschreiben. Unfassbar, was ich heute machen kann und wie weit ich gekommen bin.
Noch vor drei Jahren erschien mir meine heutige Lebensqualität unerreichbar. Ein Grund für mich, diese Dankbarkeit jeden Tag aufzuschreiben. „Für was kann ich heute dankbar sein?“ Stell dir diese Frage jeden Tag, wenn du besser werden willst.

Maximilian Schwarzhuber

Maximilian Schwarzhuber; Foto: Marathon Photos

In deinen Seminaren und Vorträgen teilst Du Dein Wissen und Deine Erfahrungen mit den Menschen. Was ist Deine wichtigste Botschaft an die, die gerade eine schwierige Zeit – in welcher Hinsicht auch immer – durchmachen?

„Akzeptiere es oder ändere etwas. Aber hör mit dem Gejammer auf!“ – Nicht die Umstände bestimmen dein Leben, sondern die Antworten, die du darauf gibst. Es ist nicht eine Frage des Könnens. Es ist eine Frage des Wollens. Immer! Du möchtest aus deinen schlimmen Umständen ein Meisterwerk machen? Mit dem von mir entwickelten „Antwort-Prinzip“ wirst du es schaffen. Akzeptieren, verändern oder jammern. Du allein entscheidest. Was ist deine Antwort? Das oben erwähnte Buch wird sich genau von diesem „Antwort-Prinzip“ handeln.

In diesem Jahr hast Du gleich mehrere Meilensteine passiert. Du hast deinen ersten Marathon gefinisht und zuvor bereits die Herausforderung Triathlon gemeistert. Wie war es, das erste Mal drei Sportarten nonstop in einem Wettkampf zu bestreiten?

Ein Wechselbad der Gefühle. Auf der Schwimmstrecke habe ich einen ordentlichen Schlag ins Gesicht abbekommen. Als ich dann etwas benommen aus dem Wasser kam, bin ich gleich mal gestürzt. Aber kein Problem. Auf dem Fahrrad ging es mir deutlich besser. Ein befreiendes Gefühl, durch das Ingolstädter Hinterland zu rauschen. Beim Absteigen vom Rad, hat es mich dann gleich zum zweiten Mal ordentlich geschmissen. Dabei habe ich mir den Brustkorb geprellt. Das habe ich aber erst nach dem Wettkampf gespürt. Das Laufen fiel mir anfangs unerwartet leicht. Das hielt aber nicht lange an. Die letzten drei Kilometer musste ich mich ziemlich quälen.
Nach so vielen Hochs und Tiefs dann ins Ziel zu laufen, ist unbeschreiblich. Wirklich. Man muss es tatsächlich selbst erlebt haben. Ich würde es als einen Cocktail an Euphorie, Erleichterung, Dankbarkeit und Stolz beschreiben. Es ist schon lustig: Dein Körper ist völlig am Ende aber dein Geist erlebt wahre Höhenflüge. Sehr empfehlenswert kann ich nur sagen. Einfach selber ausprobieren. 😉

Viele Wege geht man nicht allein. Hast Du im Sport einen Verein, Trainingskameraden oder Begleiter gefunden?  

Tatsächlich trainiere ich am liebsten alleine. Schon allein deshalb, weil ich mein Training oft spontan an meinen beruflichen Alltag anpassen muss. Der Sport ist für mich eine tolle Möglichkeit um abzuschalten. Mir neue Ideen durch den Kopf gehen zu lassen. Ein fast meditativer Zustand, kann man sagen. Ich habe aber einen hervorragenden Trainer. „Mr. Triathlon“ – Gerhard Budy. Ein äußerst erfahrener Triathlet und mehrfacher Ironman. Von Anfang an hat mich Gerhard enorm unterstützt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Er schreibt mir meine Trainingspläne und beantwortet meine unzähligen Fragen. Ein Vollzeitjob für ihn. So viele Fragen wie ich immer habe. Unser gemeinsames Ziel: Meine Teilnahme am Ironman Hawaii 2021.

Vielen Dank für das Interview!

© Text: Christine Waitz; [11.12.2019] Fotos: Dominik Pfau/ Marathon Photo