Zwei Deutsche Meister-Titel auf der Mitteldistanz: Marco Sahm und Walter Ullrich im Interview

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Die Deutsche Meisterschaft über die Mitteldistanz fand in diesem Jahr in und um Aldenhoven im Rahmen des Indeland Triathlon statt. Auch einige bayerische Athletinnen und Athleten nahmen den Weg nach Nordrhein-Westfalen auf sich. Zwei von ihnen kamen mit einem Meister-Titel zurück: Walter Ullrich (Team Klinikum Nürnberg e. V.) siegte in der AK 70 und Marco Sahm (IFA NONSTOP Bamberg) entschied das Rennen in der AK 50 für sich. Wir haben uns mit beiden unterhalten. 

Hallo Walter, hallo Marco,

herzlichen Glückwunsch zum Deutschen-Meister-Titel. Natürlich möchten wir gerne von euren Rennen erfahren. Wie lief es und hattet ihr euch im Vorfeld bereits Chancen ausgerechnet?

Walter: Dankeschön! Im Vorfeld hoffte ich schon Zweiter zu werden. Da aber Josef  Derks schon sehr viele Titel gewonnen hatte (Deutscher Meister LD und MD und im Duathlon, Vizeweltmeister LD) wollte ich mich mit dem Ziel gewinnen zu wollen, nicht zu sehr unter Druck setzen. Ich bin zwar der bessere Schwimmer, er aber der bessere Läufer und er war früher auch noch Radamateur.  Im Rennen lief es dann für mich gut mit einer 37er Zeit beim Schwimmen. Da ich auf dem Rad ständig 32,33 km/h ablesen konnte, auf Gefällstrecken 42 bis 45 km/h, vermutete ich einen 32er Schnitt im Ziel und wusste, dass ich gewinnen konnte. Auf der Laufstrecke erfuhr ich dann von meiner Frau den Abstand zum Favoriten. Ich verlor da drei, vier Minuten, aber am Ende war es für mich ein unglaublicher Vorsprung von 21 Minuten.

Marco: Nachdem ich Ende April im benachbarten Alsdorf bereits Deutscher Seniorenmeister (AK50) im Duathlon über die Mitteldistanz (10-60-10) geworden war, und dabei unter anderen Dirk Strothmann, den ehemaligen Deutschen Duathlonmeister der Elite schlagen konnte, habe ich mir als passabler Schwimmer im Vorfeld natürlich auch gute Chancen für die Triathlon-Meisterschaft ausgerechnet. Tatsächlich lief es dann für mich am vergangenen Sonntag in allen Disziplinen ganz ausgezeichnet. Bis zur zweiten Wechselzone lieferte ich mir ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem letztlich Zweitplatzierten Markus Ganser (Brander SV). Auf der Laufstrecke konnte mich dann aber schnell absetzen und meine direkte Konkurrenz um gut 14 Minuten distanzieren. In 4:07:01Stunden erreichte ich schließlich sogar den zwölften Platz im Gesamtklassement aller Teilnehmer*innen.

Was motiviert euch bei Meisterschaften an den Start zu gehen?

Walter: Nach einigen bayerischen Landestiteln war es mein erster deutscher Titel. Das war schon ein (Traum-)Ziel von mir gewesen. Ich war schon immer, auch im Beruf als Mittelschullehrer, sehr erfolgsorientiert. Sich Ziele zu setzen, und mit Plänen zu versuchen, diese zu erreichen, bringt Struktur ins Leben und macht einfach Spaß. Spannend ist es für mich auch den sich aufbauenden Druck auszuhalten bzw. ihn nicht zu groß werden zu lassen. Das ist schon eine große mentale Herausforderung, ein mentales Abenteuer!

Marco (rechts) und Philipp Sahm (links, 2. Platz AK40)

Marco: Was mich motiviert, an Meisterschaften teilzunehmen, ist die Möglichkeit, mich mit den besten Athleten meiner Altersklasse messen zu können. Leider war das Rennen in Aldenhoven über die Triathlon Mitteldistanz nicht ganz so stark besetzt wie die Duathlon-DM in Alsdorf. Aber wer nicht startet, kann auch nicht gewinnen. Bei den beiden Meisterschaften in Alsdorf und Aldenhoven kam hinzu, dass die Familie meiner Frau in der näheren Umgebung beheimatet ist. Und mit deren Unterstützung hat es natürlich doppelt Spaß gemacht.

Marco, für Dich gilt es Triathlon und das Training in den Alltag zu integrieren. Wie schaffst Du es, neben Arbeit, Familie und Co. ambitioniert zu trainieren?

Die Frage wird mir oft gestellt. Tatsächlich gelingt dies nur, weil meine Familie mich stets unterstützt und mir die für das Training nötigen Freiräume gewährt. Für das große Verständnis meiner Frau bin ich überaus dankbar. Zum Glück erlaubt es mir meine Tätigkeit als Professor der Universität Bamberg außerdem, meine Arbeitszeit sehr frei und selbstbestimmt einzuteilen und so recht strukturiert trainieren zu können. Eine große Hilfe dabei ist mir auch das SportELSCH-Konzept meines Bruders Philipp, der bei der DM am Sonntag übrigens die Silbermedaille in der AK40 gewonnen hat.

Walter, in der AK 70 einen Triathlon zu absolvieren, ist für sicherlich viele unvorstellbar. Wie lange machst Du bereits Triathlon und was motiviert dich dabei zu bleiben?

Ich machte von 1998 bis 1999 schon einmal Triathlon und finishte bei der Langdistanz in Roth 1999, damals noch Ironmanserie. Da war ich 45 und 46 Jahre alt. Dann betrieb ich „nur“ noch Hobbyradsport, weil der Zeitaufwand für Triathlon einfach sehr groß ist, zumindest für die Langdistanz und vor allem, wenn man dann auch noch übertreibt, so wie ich das tat.  Darunter mussten die Familie und die Ehefrau leiden. Den Wiedereinstieg machte ich dann 2020 mit 67 Jahren und wurde gleich beim ersten Triathlon, dem Rothseetriathlon (Olympische Distanz) Dritter in der AK.

Das Schöne am Triathlon ist die Abwechslung: Radfahren ist ohnehin meine Lieblingssportart, aber dann den Flow beim Schwimmen zu erleben, wo die Technik und das Bewegungsgefühl so extrem wichtig sind, und lockere Läufe im Herbst oder Winter, alleine im Wald. Das möchte ich nicht missen, auch wenn mal keine Wettkampfteilnahme mehr erfolgt.

Was sind eure nächsten Ziele?

Walter: Das sind eher kleinere Ziele. Ich habe seit vier Jahren eine kaputte rechte Hüfte (Coxarthrose). Mit sehr viel Aufwand an Kraft- und Dehnübungen bekam ich das Problem bisher in den Griff. Leider ist eine Langdistanz deswegen nicht mehr möglich und zwar wegen des Marathonlaufes. Für meine Hüfte waren die 20 Kilometer der Mitteldistanz schon grenzwertig. Und außerdem verlangen die Ehefrau, aber auch die erwachsenen Kinder und die beiden Enkelkinder, nun mehr gemeinsame Zeit.

Marco: Mein großes Ziel für 2023 ist die erfolgreiche Teilnahme an der Ironman WM in Nizza im September, für die ich mich bereits letzten August in Vichy qualifiziert habe – wiederum gemeinsam mit meinem Bruder Philipp. Mein Traum wäre dabei ein Platz auf dem Podium. Zunächst war ich enttäuscht, dass der Wettkampf heuer nicht auf Hawaii stattfindet. Da ich das Rennen in Kona jedoch schon fünfmal erfolgreich bestritten habe, wollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen, in meinem ersten Jahr in der neuen Altersklasse bei der Ironman WM zu starten. Auf dem Weg dahin werde ich unter anderem auch noch bei der Bayerischen Meisterschaft im Triathlon über die Mitteldistanz Ende Juli in Erlangen teilnehmen.

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

Fotos: privat