Interview mit Nina Probst: Gleichstellung im Sport – Warum wir immer noch daran arbeiten müssen

Dass in den Medienberichten heute sowohl Männer als auch Frauen-Sport Beachtung findet ist mittlerweile zwar ein gewohntes Bild, jedoch hart erkämpft. Vor exakt 100 Jahren beispielsweise, mussten Frauen in Monte Carlo noch ihre eigene „Frauen-Olympiade“ durchführen, da sie in den meisten Disziplinen der Weltspiele nicht zugelassen waren. Und auch heute noch kämpfen Frauen um eine gleichberechtigte Sportberichterstattung. Wir haben uns mit Nina Probst unterhalten, die ein Portal für Nachrichten über Frauen im Sport betreibt.

Hallo Frau Probst,
unter sportfrauen.net finden sich sportliche Nachrichten von Frauen über Frauen. Man möchte meinen, dass starke Sportlerinnen in den vergangenen 100 Jahren erfolgreich für Gleichberechtigung gekämpft haben. Woran sehen Sie, dass es noch hapert?

Da gibt es viele Anhaltspunkte, ein besonders großes Manko – und deswegen gibt es ja auch Sportfrauen – sehe ich in der Berichterstattung. Das bestätigen sogar Studien. Nur fünf Prozent der Sportmedien berichten über Frauen, wenn nicht gerade Olympia stattfindet. Natürlich gibt es auch Männersportarten, die hinter dem Fußball anstehen und auch nicht entsprechend vertreten sind. Aber Frauen grundsätzlich kommen viel zu selten in den Medien vor, und das, obwohl sie so tolle Leistungen zeigen. Das haben wir ja jetzt bei Olympia wieder deutlich gesehen. Und diese Leistungen sollten entsprechend gewürdigt werden, finde ich. Die geringe Berichterstattung führt meiner Meinung nach noch zu weiteren Ungleichheiten im deutschen Spitzensport. Weniger Sponsoren, weniger Fans, weniger professionelle Umstände. Viele Sportlerinnen müssen neben dem Profisport ja noch arbeiten gehen oder studieren. Diese Doppelbelastung zu meistern ist sicher enorm und kann natürlich nicht immer zu Höchstleistungen führen.

Die „Gender Pay Gap“, also die Gehaltsunterschiede von Frauen und Männern im Sport, ist in vielen Sportarten zumindest bei Preisgeldern geschlossen. Für einen Sieg erhalten Frauen und Männer meist den gleichen Lohn. Und doch klafft die Lücke in der Realität teils massiv auseinander. Wie könnte man diesen Missstand in Ihren Augen beheben?

Da komme ich wieder auf die Berichterstattung zurück. Zum einen muss über diese Missstände berichtet werden, denn ich glaube, viele Menschen wissen davon nichts. Zum anderen kann eine qualitativ hochwertige und regelmäßige Berichterstattung Sponsoren und andere Geldgeber dazu motivieren, mehr in den Frauensport zu investieren. Aber das verlangt auch von den Sportlerinnen, dass sie aufstehen und sich für Equal Pay starkmachen. Ich habe leider schon manchmal gehört, dass Sportlerinnen gesagt haben: Wir sind ja auch nicht so gut wie die Männer, dann verdienen wir auch nicht dasselbe Geld. Das halte ich für absolut falsch. Einerseits sollte man Männer- und Frauensport nie direkt gegenüberstellen was die Leistung angeht, das macht ja schon aus anatomischen Gründen keinen Sinn. Andererseits strengen sich die Mädchen und Frauen genauso an, geben oft sogar noch mehr für den Traum der Profisportlerin auf – und dass muss auch entsprechend entlohnt werden.

Profisport ist heute weit mehr als Sportlersein. PR, Social Media, Sponsorenakquise und -pflege – um diese Bereiche perfekt zu beherrschen braucht es entweder ein gutes Händchen oder aber professionelle Unterstützung. Was würden Sie angehenden Profisportlerinnen raten?

Die vielen jungen Sportlerinnen kennen sich zum Glück schon gut mit Social Media aus und viele von ihnen nutzen die Plattformen, um sich selbst zu vermarkten. Und das scheint bei einigen von ihnen auch ganz gut zu funktionieren. Trotzdem würde ich raten, zumindest zu Beginn das Gespräch mit PR-Fachleuten zu suchen, die auch den Umgang mit Journalistinnen und Journalisten erklären können. Hier könnten einige Sportlerinnen sicher noch professioneller an die Sache herangehen und sich besser vermarkten. Ab einem gewissen Bekanntheitsgrad macht es auch durchaus Sinn, sich nicht mehr selbst um das Thema der Öffentlichkeitsarbeit zu kümmern. Natürlich ist das auch wieder eine Frage des Geldes, aber die Sportlerinnen sollten sich nicht scheuen, sich bei diesen Themen Hilfe zu holen.

Vielen Dank für das Interview!

www.sportfrauen.net

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Foto: sportfrauen.net