Interview mit Ironman Europameister Christian Schwab: Ein nahezu perfektes Rennen
Beim Ironman Frankfurt holte Christian Schwab den Europameister-Titel. Eine Leistung, die umso höher zu bewerten ist, nachdem sich die Vorbereitung auf das wichtige Rennen so lange hinzog. Am Ende blickt der Sportler des SC 1997 Memmelsdorf, der im Ligabetrieb für Böhnlein Sports Bamberg unterwegs ist, zufrieden auf das Event zurück. Wir haben uns mit ihm unterhalten.
Schon in normalen Jahren ist eine Langdistanz-Vorbereitung lang und zehrend. Wie konntest du dich gerade auch in der Zeit motivieren, in der eine Durchführung deines Rennens gar nicht sicher war?
Die Vorbereitung war allerdings sehr zehrend, viel zu lange (denn ich wollte ja schon 2020 teilnehmen) und mit einigen Wehwehchen, um die man in der AK50 scheinbar nicht herum kommt. Trotzdem haben mein Coach Swen Sundberg und ich den Fokus nicht verloren, denn das durchaus realistische Ziel war von Anfang an ein Podestplatz in der AK. Aber es macht natürlich einen großen Unterschied, ob man sich zwölf oder 24 Monate auf einen Wettkampf vorbereitet. Da geht natürlich auch mal der Spaß verloren. Daher bin ich umso dankbarer, dass das Rennen nun stattfinden konnte und ich auf den Punkt fit war.
In deinem Verein fieberte man bei deinem Rennen mit. Wie wichtig ist für dich der Zusammenhalt im Verein und hat sich das während der letzten eineinhalb Jahre verändert?
Mein Heimverein, der SC 1997 Memmelsdorf, hat eigentlich keine Triathlonabteilung. Daher habe ich ein Zweitstartrecht (Landesliga) bei Böhnlein Sports Bamberg und das Vereinstraining findet auch hier statt. Als Einzelsportler ist es natürlich super auch einmal in der Gruppe zu trainieren, was bei mir auf Grund der Trainingszeiten in Abstimmung mit meinen Arbeitszeiten nur selten der Fall war. Der Zusammenhalt bei BSB ist sensationell und auch das Engagement des Vereins zusammen mit unserem Sponsor Böhnlein ist absolut beispielhaft.
Wie lief Dein Rennen in Frankfurt?
Um es kurz zu fassen: nahezu perfekt. Es klingt wahrscheinlich überheblich, aber ich konnte den Wettkampf fast durchgehend im Wohlfühlbereich absolvieren. Als ehemaliger Schwimmer musste ich mich für die knapp 54 Minuten kaum verausgaben und auch auf dem Rad, meiner schlechtesten Disziplin, hatte ich diesmal richtig gute Beine. Dadurch kam ich schadlos durch, sodass ich mich ganz auf meine Paradedisziplin das Laufen konzentrieren konnte. Nach Ende der ersten Runde deutete sich an, dass mir keiner der Konkurrenten folgen würde können und nach Runde zwei war der Vorsprung schon so groß (6min), dass ich den ersten Platz nur noch absichern musste. So konnte ich relativ entspannt ins Ziel laufen.
Erst als ich mich dann gesetzt habe, und kaum mehr aufstehen konnte, merkte ich, dass ich doch energetisch ziemlich am Ende war. Meine Splits waren 53:59/5:06/3:19.
Es gab allerdings während des Rennes doch einen kleinen Schockmoment, denn mich musste erst mein Coach in Laufrunde 1 darauf hinweisen, dass ich keinen Transponder mehr habe. Aber ich bin ruhig geblieben, habe mir vor Runde 2 einen neuen Transponder geholt und hab die Situation dann sofort geklärt (durch meine Garmin Daten), als ich ins Ziel kam.
Als routinierter Langstrecken-Triathlet kennst Du Höhen und Tiefen. Wie meisterst Du schwierige Situationen?
Dass man nicht 365 Tage im Jahr hochmotiviert ist, ist normal. Aber mit einem konkreten Ziel geht es dann schon, wenn auch, wie bei mir, die Familie mitspielt. Und davon abgesehen, dass ich die Bewegung brauche, macht es mir grundsätzlich auch meistens Spaß. Zudem liebe ich den Zustand fit zu sein, auch wenn man mit zunehmenden Alter nicht mehr an seine besten Zeiten rankommt.
Was sind deine nächsten Ziele?
Wegen der unsicheren Situation und der absolut miserablen Kommunikation von Ironman, habe ich den Kona Slot nicht genommen, obwohl ich nach 2018 wieder gerne teilgenommen hätte. Aber nicht 2021. Vor allem der voraussichtliche neue Termin im Februar geht gar nicht, da ich nach zwei Jahren Training jetzt eine längere Pause brauche. So werde ich 2022 nur kürzere Distanzen bis zur Mitteldistanz machen und für das Ligateam von Böhnlein Sport an den Start gehen. 2023 könnte ich mir vorstellen noch einmal den Challenge Roth zu machen, wo ich 2015 meinen ersten Triathlon überhaupt gemacht habe.
Im September werde ich noch in Ingolstadt, und eine Woche später in Hof am Start sein. Mal sehen, wie das aus der Regeneration heraus funktioniert ????!
© Text: Christine Waitz; [20.08.2021]; Fotos: Christian Schwab/privat