Interview mit Anabel Knoll: „Ich will versuchen, mich für Paris zu qualifizieren“
Ein Mal bei den Olympischen Spielen dabei sein – der Traum vieler Sportlerinnen und Sportler. Für die Ingolstädterin Anabel Knoll wurde dieses Ziel Wirklichkeit. Nach den Rennen in Tokio berichtet die Athletin, die am Bundesstützpunkt Triathlon in Nürnberg trainiert, von ihrer ungewöhnlichen Reise.
Hallo Anabel,
die Eindrücke aus Tokio sind sicher noch frisch. Welche Momente haben dich am meisten bewegt?
Es waren natürlich total viele neue Eindrücke: Ein neues Land und vor allem eben das größte Sportereignis der Welt, das mein erstes großes Internationales Rennen war. Ich glaube, am meisten Bewegt haben mich die Momente nach dem Wettkampf, der Zusammenhalt unter den Athleten und die Unterstützung Anderer. Als wir im Ziel angekommen waren, haben wir uns nicht in die Athleten-Lounge verzogen, sondern sind an er Ziellinie stehen geblieben und haben auf die nachfolgenden Athleten gewartet, sie angefeuert und ihnen gratuliert. Ich glaube, so einen Zusammenhalt, dass man seinen größten Traum als Sportler wahr werden lassen kann, und das mit anderen zusammen, gibt es nur bei Olympia. Jeder hat zwar für sich gekämpft aber trotzdem haben wir uns alle gegenseitig unterstützt.
An der olympischen Startlinie zu stehen ist für viele unerreichbar. Wie lautet dein sportliches Fazit aus Deinem Einzelrennen und aus dem Rennen der Mixed-Relay?
Ich habe im Einzelrennen nicht ganz das erreicht was ich mir vorgenommen habe. Ich denke im Nachhinein ist das sowohl meiner fehlenden Erfahrung, der schlechten Startposition als Letzte qualifizierte, als auch der Nervosität geschuldet.
Ich denke in der Mixed Team Relay haben wir Vier alles gegeben und das beste aus der Situation gemacht. Wir hätten natürlich gerne eine Medaille mit nach Hause gebracht, aber dafür hätten die Franzosen einen Fehler machen müssen. Ich denke, wir können mit einem sechsten Platz in der ersten Olympischen Staffel zufrieden sein.
Auch die Olympischen Spiele mussten sich auf die besonderen Gegebenheiten einstellen. Kaum Begleitpersonen, keine Zuschauende – wie würdest Du die Stimmung vor Ort beschreiben?
Ich kann es natürlich nicht vergleichen, da ich ja noch keine „normalen“ Spiele erlebt habe. Im Olympischen Dorf merkte man natürlich schon, dass es weniger Kontakt zu anderen Sportlern gab, da man ja versuchte Abstand zu halten. Im Wettkampf selbst war ich dann doch sehr überrascht wie viele Zuschauer an der Strecke standen. Bestimmt wären es unter anderen Umständen mehr gewesen, aber es war trotzdem schön zu sehen, dass das Interesse an den Spielen bei einigen Japanern da war.
Was geht einem durch den Kopf, wenn man an der Startlinie steht?
Ich habe versucht ruhig zu bleiben, aber natürlich lässt sich etwas Nervosität nicht verhindern. Dadurch, dass wir Frauen ja das Pech mit dem Sturm hatten, habe ich vor Start nur versucht, daran zu denken, mich warm zu halten und mir nicht allzu viele Gedanken über das Wetter zu machen. Kurz bevor der Startschuss dann fällt, hat es sich für mich so angefühlt, als wäre mein Kopf leer. Ich habe an nichts gedacht, mich voll konzentriert und alles andere ausgeblendet.
Als Zuschauer sieht man häufig nur die Glanzmomente der Sportlerinnen und Sportler. Doch in Wirklichkeit ist der Weg zu sportlichen Erfolgen stets steinig. Wie gehst Du mit schwierigen Situationen um? Was motiviert Dich dennoch dranzubleiben?
Ich glaube, der Sport besteht mehr aus Tiefen, als aus Höhen. Aber jeder Misserfolg macht dich stärker. Ich hatte sehr viel Pech mit Verletzungen die letzten Jahre und habe in dieser Zeit doch manchmal Zweifel bekommen. Aber der Gedanke, was man erreichen kann, wenn man dafür arbeitet, und die liebe zum Sport haben mich immer weiter kämpfen lassen. Ich denke es ist wichtig, dass man sich nicht zu viel Stress macht und aus jedem Problem etwas Positives zieht. Das mag manchmal schwer sein, aber der Gedanke, dass alles einen Sinn hat, und für etwas gut ist, hat mich schon manches Mal aus einem Loch geholt.
Was kommt nach Olympia? Welche Ziele möchtest Du als nächstes angehen?
Ich dachte eigentlich erstmal an Urlaub, aber nachdem ich Zuhause angekommen war, fühlte ich mich noch nicht nach Pause. Ich beschloss für mich, dass ich noch einmal versuchen will, mich für die Olympischen Spiele in Paris 2024 zu qualifizieren. Da ich hierfür aber sowohl noch einiges an Punkten, als auch an Erfahrung sammeln muss, beschloss ich, mit zu den WTCS Rennen nach Kanada zu kommen und dort mein WTCS Debüt zu geben. Nach zwei Wochen Quarantäne und Rennen, steht jetzt noch ein Trainingblock an, bevor es dann in München zur Super League und dann nach Hamburg geht.
Was danach kommt wird sich zeigen, aber irgendwann muss ich dann doch mal eine Pause einlegen, um mich nicht nur körperlich, sondern auch mental von den großen Ereignissen der letzten Wochen/ Monate zu erholen.
Viel Erfolg für die anstehenden Rennen, Anabel!
© Text: Christine Waitz; [30.08.2021]; Fotos: privat